Steuerflucht als Geschäftsmodell – illegales Glücksspiel untergräbt das Gemeinwohl
Fachdiskussion in Berlin
Ausländische Glücksspielkonzerne mit Sitz in Steueroasen drängen mit schwarzen Lotteriewettangeboten auf den deutschen Onlinemarkt. Am Fiskus vorbei entziehen sie dem Gemeinwohl jedes Jahr Millionenbeträge. Dadurch entgehen dem Staat jährlich 76 Millionen Euro Umsatzsteuer.
"Das Geschäftsmodell der schwarzen Lotteriewettanbieter fußt auf Steuerhinterziehung und schädigt das Gemeinwohl", mahnt Torsten Meinberg Federführer des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Er fordert Politik und Finanzbehörden auf, dem Steuerbetrug, der auch zur Wettbewerbsverzerrung beiträgt, endlich Einhalt zu gebieten.
Über das Internet bieten ausländische Konzerne schwarze Lotteriewetten an, das sind illegale Wetten auf die Ziehungsergebnisse der staatlichen Lotterien. Während die staatlichen Lotteriegesellschaften jedoch 39 Prozent der Spieleinsätze an den Staat abführen, wirtschaften die ausländischen Glücksspielkonzerne in die eigene Tasche. Sie agieren aus Niedrigsteuerländern und missachten den Verbraucherschutz sowie die deutschen Steuergesetze.
"Allein dadurch, dass die Glücksspielkonzerne keine 19% Umsatzsteuer auf die Spieleinsätze zahlen, entgehen den deutschen Steuerbehörden jährlich mindestens 76 Millionen Euro Umsatzsteuer. Die 39 % Gemeinwohlabgaben, die sich diese Anbieter "sparen", können sie in massive Werbung stecken", sagt Prof. Dr. Thomas Dünchheim. Der Experte für internationales Wirtschaftsrecht der Kanzlei Hogan Lovells International bezieht sich dabei auf eine Schätzung der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder aus dem Jahr 2014. Mittlerweile dürften die Zahlen deutlich höher liegen.
Bei einer Fachdiskussion des DLTB in Berlin haben sich am 28.2.2018 Rechts- und Finanzexperten mit dem Thema Glücksspiel und Steuerflucht beschäftigt. Diese "LOTTO Über-Kreuz-Gespräche" veranstaltet der DLTB regelmäßig zu glücksspielpolitischen Fragen. Der Glücksspielbereich steht exemplarisch für Geschäftsmodelle, die via Internet in Deutschland verbotene Angebote machen. Dazu gehören Wetten auf Lotterien (schwarze Lotteriewetten) und Online-Casino-Spiele. Deren Anbieter sitzen in Steuer- und Rechtsoasen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union wie Malta, Gibraltar, Isle of Man, den Kanalinseln (Großbritannien) und außereuropäisch Cayman-Island, Bahamas oder Curacao. Sie nutzen dabei die Niedrigsteuersätze ihres Sitzlandes.
Prof. Thomas Dünchheim unterstreicht: "Alle Dienstleistungen in Deutschland unterliegen - unabhängig davon, ob sie verboten sind oder nicht - in jedem Fall einer Steuerpflicht. Nach der europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie werden elektronische Dienstleistungen einschließlich Glücksspielen und Lotterien seit 2015 nach dem Bestimmungsland besteuert. Sie unterliegen also der deutschen Umsatzsteuer."
Banken profitieren vom illegalen Glücksspiel.
Unter dem Stichwort "Paradise Papers" haben Berichte in der Süddeutschen Zeitung sowie NDR und WDR ein grelles Licht auf die Finanzströme zu in Deutschland verbotenen Online-Glücksspielen geworfen: Journalisten wie Jan Willmroth haben aufgezeigt, dass illegale Online-Glücksspiele offenbar auch von verschiedenen deutschen Banken durch das Transferieren von Geldern unterstützt werden.
"Dies ist nach dem deutschen Glücksspielstaatsvertrag eindeutig verboten", sagt der DLTB-Federführer Torsten Meinberg und fordert: "Ein solches Vorgehen muss dringend unterbunden werden. Hier darf die Banken- und Finanzaufsicht des Bundes und der Länder nicht länger wegschauen." Banken profitieren von Transfers, die in die Hunderte Millionen gehen. Teilweise nehmen Kreditkarten-Unternehmen für Glücksspielzahlungen erhöhte Gebühren. Glücksspiel in Rechtsoasen verbindet sich oft mit Geldwäsche. Dort wird es Kriminellen, wie jüngst Fälle in Malta gezeigt haben, besonders leicht gemacht.
Legale Glücksspielunternehmen und das Gemeinwohl in Deutschland werden durch illegale Unternehmen schwer geschädigt. Die Einnahmen für gemeinwohlorientierte Zwecke reduzieren sich und dem Staat entgehen Steuernahmen in Millionenhöhe.
Der DLTB-Federführer Torsten Meinberg fordert: "Steuer- und Rechtsoasen müssen wirksamer bekämpft werden. Da ist vor allem der Europäische Rat gefordert. Aber auch die Bundesregierung kann mehr tun, damit der begonnene Weg konsequent weitergegangen wird." Er betont: "Das gemeinwohlorientierte Glücksspiel in Deutschland hat sich bewährt. Viele sinnvolle, auch suchtpräventiv wirkende Projekte werden dadurch ermöglicht. Allein der DLTB führt etwa 2,8 Milliarden Euro per anno an Staatshaushalte und Gemeinwohl ab. Dies sollten wir nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Es wird im Zweifel nicht zu ersetzen sein und auf Kosten der Allgemeinheit gehen."
Bei der Podiumsdiskussion des DLTB in Berlin diskutierten namhafte Finanz- und Wirtschaftsrechtsexperten:
Prof. Dr. Thomas Dünchheim, Hogan Lovells International LLP,
Dr. Margaretha Sudhof, Staatssekretärin der Berliner Senatsverwaltung Finanzen,
Dr. Carsten Kühl, Finanzminister a.D. aus Rheinland-Pfalz,
Jan Willmroth, Finanzmarkt Korrespondent der Süddeutsche Zeitung,
Torsten Meinberg, Federführer des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB).
Moderiert wurde die Veranstaltung von dem TV-Journalist Steffen Grimberg.
Eine Dokumentation dieser Fachdiskussion ist in der Fachzeitschrift Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) Nr. 01/2018 vom 20.2.2018 erschienen. Diese steht hier zum Download bereit.
Weitere Informationen
Autorin: Madeleine Göhring, LOTTO Hamburg